
DMEA, Europas führendes Event für Digital Health. 20.500 Teilnehmer: innen, 900 Aussteller aus fast 30 Ländern und 470 Speaker in 200 Sessions in Berlin zum Austausch zur Digitalisierung der Gesundheitsversorgung. Innovationen auch für die Onkologie.
In der letzten Woche endete die DMEA, Europas führendes Event für Digital Health. Das Interesse für Digital Health Anwendungen steigt: In diesem Jahr waren 20.500 Teilnehmer: innen, 900 Aussteller aus fast 30 Ländern und 470 Speaker in 200 Sessions in Berlin. Neben Vortrags- und Panel-Diskussionsveranstaltungen gab es viele Möglichkeiten zum Austausch von Entscheider:innen aus allen Bereichen der Gesundheitsversorgung – von IT-Fachleuten über Ärzt:innen, Führungskräfte aus Krankenhaus und Pflege, bis hin zu Expert:innen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
Digital Health braucht Sicherheit, Regeln und Vertrauen
Bedeutung des europäischen AI-Acts (Artificial Intelligence Act) : Dr. Anna Christmann, Beauftragte für digitale Wirtschaft & Start-ups des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, betonte in ihrer Keynote die Notwendigkeit vertrauenswürdiger KI-Lösungen und die Bedeutung der Beibehaltung des EU AI-Acts, um Sicherheit und ethische Standards in der KI-Entwicklung zu gewährleisten.
Vertrauen ist wichtig, denn IT-Projekte können nur erfolgreich sein, wenn der Faktor „Mensch“ mitberücksichtigt wird. Der Gesundheitsökonom von der FOM Hochschule für Oekonomie & Management betont die zunehmende Bedeutung des Faktors Mensch in der Zukunft, insbesondere im Kontext der Künstlichen Intelligenz (KI) und deren Anwendung in der Medizin. „Der Mensch wird zur Datenplattform – und zum Bremsfaktor, falls es nicht gelingt, Widerstände abzubauen.“ sagte Prof. Dr. David Matusiewicz in seiner Keynote. Nicht nur die Technologien, sondern auch der Faktor Mensch (Mitarbeiter:innen, Patient:innen usw.) muss „weiterentwickelt“ und „mitgenommen“ werden, damit Veränderung stattfinden kann.
Transparenz und Vertrauen spielte auch in der Panel Diskussion „Unlocking the Power of Patient Data“ mit Vertretern aus Politik und der Behörden für Gesundheitsdaten aus den nordischen Ländern, eine große Rolle. In der Panel-Diskussion wurde die Bedeutung von Transparenz und Kontrolle der Patient:innen über ihre eigenen Gesundheitsdaten betont. Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark haben ihre Gesundheitssysteme digitalisiert und Patientendaten gesammelt, um sie der Forschung zur Verfügung zu stellen. In Schweden hat man festgestellt, dass es wichtig ist, dass eine Opt-out-Option für Datenbanken existiert. So behalten Patient:innen die Kontrolle über ihre Daten und entscheiden, wer in welche Daten Einsicht erhält. Eine Behörde wacht über den Datenschutz und stimmt sich mit den Stakeholdern ab. Transparenz beim Umgang mit den Daten schafft Vertrauen und nur so kann Digitalisierung im Gesundheitswesen erfolgreich sein. Somit kann auch das Opt-out bei der Zustimmung zur elektronischen Patientenakte als Erfolg gesehen werden – als einen besonderen Vorteil im achtsamen und sicheren Umgang mit Daten in Europa, wie Frau Dr. Christmann meint.
Rahmenbedingungen der Digitalisierung in Europa: Die Einführung des Europäischen Raums für Gesundheitsdaten (EHDS) soll den Zugang zu elektronischen Gesundheitsdaten erleichtern und die Sekundärnutzung für Forschung und Innovation regeln. Forschende, Innovatoren sowie öffentliche Einrichtungen können zukünftig über ein europaweit einheitliches System Anträge auf die Nutzung von de-identifizierten individuellen Gesundheitsdaten für gesetzlich festgelegte Zwecke stellen (EHDS).
Amerika – KI ohne Vertrauen und Regeln: In Amerika wurde ein Dekret mit KI-Regeln durch Trump wieder aufgehoben, das sein Vorgänger Joe Biden zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz erlassen hatte. Das US-Dekret sah vor, dass KI-Entwickler wie OpenAI und Google ihre Sicherheitsbewertungen und weitere zentrale Informationen an Bundesbehörden weitergeben müssten. Es beruhte jedoch weitgehend auf der freiwilligen Mitarbeit von Unternehmen.
Derzeit haben die USA, keine gültigen staatlichen Richtlinien zur Entwicklung von KI-Modellen mehr. Kurz nach der Aufhebung der Regeln gab US-Präsident Trump das KI-Projekt “Stargate” bekannt, in dessen Rahmen Tech-Riesen bis zu 500 Milliarden Dollar in den Ausbau Künstlicher Intelligenz investieren sollen. Zunächst sollen 100 Milliarden Dollar davon mit dem Fokus auf Medizinforschung und der Auswertung von Gesundheitsdaten „zur besseren Bekämpfung von Krankheiten“ verwendet werden.
DARUM: Europäische Gesundheitsdaten nur den Europäern: Google und Microsoft waren natürlich auch auf de DMEA. Wir sollten aufpassen, dass wir kluge Entscheidungen treffen – gerade was die Auswahl der Soft- und Hardware für Digital Health anbelangt– denn hier sollten wir es vermeiden, wieder von Google, Microsoft & Co abhängig zu werden- wir brauchen Europäische Lösungen für europäische Daten, die auch in Europa bleiben. Und wir brauchen einheitliche Lösung, damit grenzüberschreitende Zusammenarbeit möglich ist.
Ethische Verantwortung in der KI-Nutzung und -entwicklung: Die Ärzt:innen in der Panel-Diskussion über die ethische Verantwortung in der Algorithmen-Medizin betonten, dass die Programmierung von KI auf den gleichen ethischen Grundsätzen basieren sollte, die in der Medizin gelten. Die Ärzt:innen in dem Panel forderten einhellig, dass IT-Entwickler:innen im medizinischen Bereich auf das Genfer Gelübde verpflichtet werden sollten – also wie die Ärzt:innen de facto ein Bekenntnis dazu ablegen müssen, dass das Wohl der Patient:innen stets im Vordergrund steht.
Herausforderungen der Infrastruktur
Trotz positiver gesetzlicher Rahmenbedingungen hinkt die physische Infrastruktur für eine schnelle und umfassende Datenübermittlung noch hinterher – nicht überall in Europa – Spanien steht auf Platz neun der Länder mit umfassender Versorgung mit schnellem Internet[i] -während Deutschland nur Platz 56 bekleidet. Es wird Zeit, dass auch die deutschen Politiker erkennen, dass eine digitale Transformation eine entsprechende Infrastruktur benötigt. Während in Ländern wie Spanien das Glasfasernetz ausgebaut wurde, setzte das CDU-regierte Deutschland lange auf alte Technologien, der Glasfaserausbau kam nicht voran, Investitionen in die Infrastruktur hakten. Das muss sich ändern, wenn Digital Health auch in Deutschland funktionieren soll.
[i] https://www.speedtest.net/global-index
Innovative Ideen: DEMEA Sparks & nova Awards & Onkologie
Awards für herausragende Abschlussarbeiten und Start-ups: Die DMEA sparks Awards 2025 haben herausragende Abschlussarbeiten ausgezeichnet, darunter
Der DMEA nova Award richtet sich an Start-ups aus dem Digital Health Bereich und bietet ihnen die Möglichkeit, ihre innovativen Konzepte und Lösungen in mehreren Pitch-Runden auf der DMEA zu präsentieren. Er schafft wertvolle Vernetzungsmöglichkeiten für Start-ups, um direkt mit potenziellen Partner:innen, Investor:innen und Kund:innen aus der Branche in Kontakt zu treten.
In diesem Jahr wurde das Start-up PAICON (https://paicon.com/) aus Heidelberg von Fachjury und Publikum zum Gewinner gekürt. Die meisten KI-Modelle in der Krebsdiagnostik werden heute auf begrenzten, homogenen Datensätzen trainiert, was zu voreingenommenen KI-Modellen, ungenauen Diagnosen, nicht optimalen Behandlungsplänen und Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung führt. PAICON’s KI-gesteuerte Lösungen integrieren maschinelles Lernen, einen genetisch und technologisch vielfältigen Krebsdatenspeicher und regulatorisch konforme KI-Modelle, um eine neue Ära der personalisierten Krebsdiagnostik einzuleiten. „Innovation ist nur dann wichtig, wenn sie alle einbezieht. Deshalb konzentrieren wir uns darauf, Diagnosetools zu entwickeln, die die Vielfalt der Realität widerspiegeln.“, erläuterte Dr. Manasi A-Ratnaparkhe, CEO und Mitbegründerin von PAICON.
Gesundheitswirtschaft zu Gast auf der DMEA 2025
In sechs Messehallen präsentierte sich die digitale Gesundheitswirtschaft. Große Unternehmen wie CompuGroup, Dedalus, Siemens Healthcare und Telekom Healthcare Solutions waren vertreten, ebenso wie über 100 Start-ups. Die internationale Beteiligung war stark, mit Ausstellern aus Ländern wie Österreich, Schweiz, Niederlande, USA, Kanada, Großbritannien, Israel, China, Singapur, Südkorea und Taiwan.
Neben Thüringen und Bayern, war auch die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg mit einem Stand und zahlreichen Start-ups vertreten. Wer also interessante Start-ups und Perspektiven sucht, der kann direkt in
Berlin und Brandenburg fündig werden (siehe Abbildung).

Fazit: Digital Health in Europa- aber sicher
Bei allem Pessimismus, zu dem viele Europäer zu neigen scheinen: Noch ist es nicht zu spät, mit unserer behutsamen, achtsamen, sicheren und vor allem patientenzentrierten Digitalisierung im Gesundheitswesen an den USA vorbeizuziehen. Zahlreiche Start-ups, innovative Unternehmen und mehr Teamarbeit über Fachgrenzen hinaus, kurze Wege und gute Gesundheitssysteme bilden die Basis für das Gesundheitssystem der Zukunft in Europa. Die USA ist da kein gutes Beispiel. Statt Gesundheitsdatenverkauf darf gern der Schutz im Interesse eines patientenzentrierten Gesundheitswesens im Vordergrund stehen und die Datenhoheit bei Patient:innen liegen. Das könnte auf mittlere und lange Sicht gar zu einem Unique Selling Point für Europäischen Gesundheitsanwendungen werden – Europäische Daten für die Europäer über gemeinsame, sichere Datensysteme, eine europäisch generierte KI und weniger Daten für die USA. Genau jetzt ist er richtige Zeitpunkt die Bande zwischen den USA und Europa zu lockern und im Bereich Digital Health selbstbewusst einen europäischen Weg zu beschreiten.
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