Neues aus der Krebsforschung
In der letzten Woche ging der 35. Deutsche Krebskongress in Berlin zu Ende. Ein Kongress auf dem 10.000 Menschen aus Wissenschaft, Medizin, Gesundheitswesen, Politik und Pflege miteinander ins Gespräch
kamen – für eine noch bessere Versorgung der Krebspatienten und -patientinnen.
Ein Kongress mit 10.000 Teilnehmenden, mit Daten zu Innovationen in der medikamentösen und chirurgischen Therapie und Prävention von Krebserkrankungen – denn der beste Krebs ist der, den wir gar nicht erleben. Bei diesem Kongress geht es gerade darum, dass jede(r) über den Tellerrand schaut und sich mit anderen austauschen kann. Patientenverbände, Ärzteverbände, Industrie und Politik – alle zusammen machen den Erfolg des Kongresses aus und tragen zum Kampf gegen Krebs bei.
Man nimmt an, dass ca. 40% der Krebserkrankungen durch eine entsprechende Prävention vermieden werden könnten, ein enormes Potenzial, das derzeit nur unzureichend ausgeschöpft wird.
Pressemitteilung der DKK2022
Prävention – dem Krebs keine Chance
Man nimmt an, dass ca. 40% der Krebserkrankungen durch eine entsprechende Prävention vermieden werden könnten, ein enormes Potenzial, das derzeit nur unzureichend ausgeschöpft wird. Leider scheint es immer noch große Schwierigkeiten zu geben, den wissenschaftlichen Fortschritt im Bereich Prävention tatsächlich in klinische Versorgung umzusetzen. So sind z.B. Risikofaktoren für Krebserkrankungen wie Rauchen und Alkohol, starkes Übergewicht, zu wenig Bewegung, zu viele Sonnenbrände und Infektionen
mit bestimmten Viren bekannt – aber der Mensch scheint ein Gewohnheitstier- neues wird ersteinmal kritisch betrachtet. Und theoretischen Wissen wird nicht sofort in entsprechendes Handeln umgesetzt.
Ein prominentes Beispiel ist die HPV-Impfung zur Vermeidung von Zervixkarzinomen, aber auch Anal-, Penis- und Kopf-Hals-Tumoren. Es mutet verwunderlich an, wenn in dem Land, in dem der Wissenschaftler Harald zur Hausen forschte und die erste HPV- Impfung entwickelte, die Impfquote immer
noch gering ist. Prof. zur Hausens Forschungen zur HPV-Impfung wurden 2008 sogar mit einem Nobelpreis gewürdigt. Es gibt also zu dieser Impfung herausragende Evidenz, und dennoch ist gerade in Deutschland die Umsetzung noch deutlich verbesserungsfähig. Mit 52 % der 18-jährigen Mädchen, die
vollständig geimpft sind und nur 2,5 % der 18-jährigen Jungen ist die Quote nicht zufriedenstellend (Rieck T, Feig M, Siedler A: Impfquoten von Kinderschutzimpfungen in Deutschland – aktuelle Ergebnisse aus der RKI-Impfsurveillance. Epid Bull 2021;49:6-29.).
Hier müssen deutlich mehr Anstrengungen unternommen werden, um wissenschaftliche Evidenz in die Praxis umzusetzen. Denn Kosten sind bei der Frage der Inanspruchnahme kein Thema, da die Impfung kostenfrei ist. Es bestehen aber offenbar relevante gesellschaftliche Barrieren und Prof. Seufferlein wies darauf hin, dass noch nicht der richtige Weg gefunden wurde, den Jugendlichen und ihren Erziehungsberechtigten die Bedeutung dieser Impfung zu erklären. In diesem Zusammenhang spielen gerade auch die Kinderärzte, Hausärzte, Schulen und Lehrende eine ganz wesentliche Rolle, und müssen in
alle Anstrengungen einbezogen werden.
https://www.nobelprize.org/prizes/medicine/2008/hausen/facts/
Jährlich erkranken ca. 500.000 Menschen in Deutschland an Krebs. Im Jahr 2030 werden schätzungsweise über 625.000 Menschen neue an Krebs erkranken. Die Prävention ist eines der wichtigsten Instrumente, um das zu verhindern: Primärprävention und Früherkennung (Sekundärprävention) zusammengenommen könnten die Krebssterblichkeit sogar um bis zu 75 Prozent senken. „Die Krebspräventionsforschung in Deutschland hinkt auch im weltweiten Vergleich bisher eher hinterher. Die Deutsche Krebshilfe und das
DKFZ setzen sich gemeinsam dafür ein, dass sich das ändert.“ sagte Professor Dr. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg (DKFZ) auf der Pressekonferenz des DKK 2022.
Um dem entgegen zu wirken entsteht mit finanzieller Unterstützung durch die Deutsche Krebshilfe das Nationale Krebspräventionszentrum in Heidelberg. Wissenschaftler unterschiedlicher Fachgebiete werden hier gemeinsam forschen. Zudem werden eine Präventionsambulanz und ein Informationszentrum für die
Bevölkerung entstehen. Derzeit sind drei neue Professuren für die Krebsprävention ausgeschrieben, die am Nationalen Krebspräventionszentrum angesiedelt werden. Zukünftig sollen WissenschaftlerInnen aller Fachrichtungen in multidisziplinären und innovativen Forschungsvorhaben zum Thema Krebsprävention (Primär- und Sekundärprävention) zusammenarbeiten. Forschungsmittel sind dafür in Höhe von 3 Mio Euro eingeplant.
Auch für bereits an Krebs Erkrankte gibt es in der sog. „Tertiärprävention“ Ansätze, die darauf abzielen die Überlebenraten zu verbessern und Rückfälle zu verhindern. Dabei helfen vor allem körperliche, aber auch soziale Aktivitäten. Zu dieser Thematik laufen schon heute einige Forschungsprojekte in Deutschland.
Besonders die positiven Auswirkung von Sport auf die Krebserkrankungen wurde in verschiedenen Studien über verschiedenste Krebsarten hinweg gezeigt.
Immer mehr Möglichkeiten in der Krebsbehandlung
Die Onkologie ist die Speerspitze in der Versorgung der PatientInnen mit innovativen Therapien. Beim Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) wurden im Jahr 2021 insgesamt 56 Zulassungsverfahren für neue Arzneimittel zur Behandlung von Krebserkrankungen durchgeführt. 38 Prozent der neu zugelassenen Wirkstoffe sind lt. Geschäftsbericht des GBA Onkologika; die Krebsmedizin ist damit das Therapiegebiet mit der größten Zahl an Innovationen. Immer mehr Behandlungsoptionen erlauben es immer mehr KrebspatientInnen immer länger zu überleben.
Hinzu kommen Innovation in der Krebschirurgie, wie minimal invasive Verfahren, Verfahren der computergesteuerten Operationen/Robotik, verbesserte Metastasenchirurgie etc. Insgesamt konnte der diesjährige Krebskongress also vielen PatientInnen Mut machen, denn die Wissenschaft schaft stetig neues
Wissen, neue Therapieoptionen und neue Chancen und Perpektiven für PatientInnen.
Wenn zu innovativen Behandlungsmöglichkeiten noch Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention sowie die Verbesserung der Forschungsbedingungen insbesondere für NachwuchswissenschaftlerInnen und der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Diagnostik hinzukommen, werden weitere Behandlungserfolge und noch längere Überlebenszeiten der PatientInnen hinzukommen. Ein Kongress, der all diese verschiedenen Fachdisziplinen zusammen bringt, die für das Gelingen einer gemeinsamen Krebsstrategie
notwendig sind, ist der DKK, der alle 2 Jahre diese Menschen in Deutschland zusammenbringt. Sie alle arbeiten daran, dass die Zukunft der KrebspatientInnen immer besser aussieht und ihre Zahl zukünftig evtl. sogar abnehmen kann.
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