19. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO)- Radioonkologie im Wandel
Berlin, den 12. Mai 2013
Um heute die Therapien der Zukunft zu diskutieren, tagen vom 9. bis zum 12. Mai ca. 1.100 Mitglieder der DEGRO (Deutsche Gesellschaft für Strahlentherapie) in Berlin. Zu der Patientenveranstaltung „Strahlen für das Leben“ am Sonntag sind Interessierte herzlich eingeladen.
Während viele Berliner den Feiertag zu Ausflügen mit Ihren Familien nutzten, begann am Donnerstag die 19. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie in Berlin, die noch bis Sonntag andauert. Unter dem Motto „Radioonkologie im Wandel“ haben sich ca. 1100 Mitglieder versammelt. Es sind Strahlenbiologen, Medizinphysiker und Strahlentherapeuten, die interdisziplinären Teams, die über Innovationen in diesem interdisziplinären Fachgebiet diskutieren und sich über neueste Studienergebnisse auszutauschen. Damit die Behandlung noch weiter fokussiert und lokalisiert werden kann- gezielter für mehr Wirkung und weniger Nebenwirkungen.
Radioonkologie stellt neben der medikamentösen Therapie und der Operation, eine der drei Säulen der Krebstherapie dar. Aufgrund der heute möglichen, präzisen, örtlich begrenzten Bestrahlung, ist sie neben der Operation eine wirksame lokale Krebsbehandlung.
Neu auf dem aktuellen Kongress sind die täglichen “Highlights of the Day” Sessions – in Anlehnung an die gleichnamigen Sitzungen auf der Jahrestagung ASCO (Tagung der American Society of Clinical Oncology)- auf denen die wichtigsten Vorträge und Poster des Vortages kurz und übersichtlich -zusammengefasst werden. Ebenfalls neu auf diesem Kongress war die sog. “Presidential Address” am Samstag, auf der ausgewählte, teilweise noch nicht publizierte Studienerbegnisse vorgestellt wurden.
1 Presidential Address und andere Vorträge– Stellenwert der Strahlentherapie belegt
Auf der “Presidential Address” wurden Daten zum Stellenwert von Bestrahlung u.a. bei HNO- Tumoren ( Budach et al.); beim Glioblastom (Combs et al.), beim Prostatakarzinom (Wiegel et al.), beim aggresiven Non-Hodgkin- Lymphom (Ruebe et al.) und beim Rektumkarzinom (Roedel. Et al.) dargestellt. Die entsprechenden Abstracts finden sich im Abstractband zum DEGRO –Kongress in Strahlentherapie und Onkologie, Band 189, Sondernr.1, Mai 2103. Es ging dabei u.a.
- Combs et al.: Cetuximab plus Temozolamide as Chemoradiotherapy for primary Glioblastoma: Final Results of GERT-trial
- Studiendesign publiziert in BioMed Central Cancer, 2006
- Die Endergebnisse wurden von Frau Prof. Combs aus Heidelberg vorgestellt. Generell sind Glioblastome schlecht behandelbar. Standardtherapie ist Bestrahlung und die Gabe von Temozolamid.
- In der GERT-Studie konnte die Sicherheit der trimodalen Therapie mit Strahlentherapie + Temozolamid+ Cetuximab gezeigt werden.
- Das Gesamtüberleben ist sehr gut; ein retrospektiver Vergleich mit dem Therapiestandard (Strahlentherapie + Temozolamiv) zeigt einen Behandlungsvorteil.
- Weitere Untersuchungen in einem randomisierten Setting werden folgen.
- C.Rödel et al.: Präoperative Radiochemotherapie und postopterative Chemotherapien mit 5-FU plus Oxaliplatin versus 5-FU allein beim Rektumkarzinom UICC II und III (CAO/ARO/AIO-04)
- Studie der German Rectal Cancer Study Group- weitere Informationen zur Studie finden Sie hier
- Zur Evaluation des primären Endpunktes ist ein längeres Follow-up notwendig (3 Jahre Krankheitsfreies Überleben) vorraussichtlich 2014.
- C. Rübe et al.. Strahlentherapie des aggressiven Non-Hodgkin-Lymphoms: Aktuelle Ergebnisse..
- Studie der Deutschen Studiengruppe hochmaligne Non-Hodgkin-Lymphome (DSHNHL).
- T.Wiegel et al.: „10-Jahres-Ergebnisse der Phase III Studie zur adjuvanten Radiatio des Prostatakarzinoms.“ Herr Prof. Wiegel war in Deutschland der Studie, deren Ergebnisse kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde (Resnick et al.,NEJM Jan. 2013: 368 (5): 436- 45). Auf der Pressekonferenz und auch in anderen Veranstaltungen wurde das Thema „Prostatakrebs: Strahlentherapie oder Operation?“ diskutiert. Nach Ansicht der DEGRO sollte die Lebensqualität bei der Therapiewahl berücksichtigt werden. Prof. T. Wiegel aus Ulm konnte in einer Studie zeigen, dass Patienten nach der Strahlentherapie /Prostatabestrahlung eine bessere Lebensqualität hatten, als nach operativen Entfernung der Prostata. Nach der Operation leiden die Patienten häufig unter Harninkontinenz oder erektilen Dysfunktionen, dies ist nach der strahlentherapeutischen Entfernung der Prostata nicht der Fall. Da beide Therapieoptionen mit unterschiedlichen Nebenwirkungen einhergehen können, sollten die Therapieoptionen mit den Patienten detailliert besprochen werden. Eine Therapieentscheidung sollte dann gemeinsam mit dem Patienten getroffen werden.
2 Wie wird die Rolle der Strahlentherapie in der Zukunft aussehen?
Wie Prof. W. Schlegel, Heidelberg, in seinem Übersichtsvortrag “Forschung und Entwicklung in der medizinischen Strahlenphysik“ am Freitag eindrucksvoll darstellte, hat sich in den letzten Jahrzehnten viel getan in der Strahlentherapie und die Entwicklung wird rasant weiter gehen. Deutschland ist hier – auch nach Konrad Röntgen – weiterhin führend an neuen Entwicklungen beteiligt. Für die Weiterentwicklung der Strahlentherapie sind außer der Medizin viele weitere Fächer wichtig (s. Tab.1). Wer glaubte, dass z.B. „fuzzy logic“ abstrakt und anwendungsfern sind, wurde u.a. im Vortrag S5-5 von L. Brualla eines anderen gelehrt ( im Astractband zur Tagung s.o.)
Neue Technologien | Betroffene Fächer |
ITMechatronik, Robotik, Elektronik | InformatikTechnik |
Beschleuniger –Physik, neue Bestrahlungstechniken (Protonen, Ionen), neue Detektoren | Physik |
Biomarker, Genomics/ Theragnostik, High- throughput-Verfahren | Biologie |
Tab.1: Weiterentwicklung der Strahlentherapie ist nicht nur eine medizinische Aufgabenstellung (nach einem Vortrag von Prof. W. Schlegel, Heidelberg, auf dem DEGRO 2013)
So bleibt die Strahlentherapie auch weiterhin eine Säule der multimodalen Tumortherapie. Neue Technologien, neue Bestrahlungstechniken (Protonen, Ionen) und die bereits etablierte 3-D-Planung ermöglichen bereits heute gezieltere Bestrahlungen als noch vor wenigen Jahren. Robotik made in Germany und andere Technologien sind bereits heute führend bei der Unterstützung einer optimalen Positionierung und Fixierung der Patienten im Strahlenfeld. Zukünftig werden intelligente Systeme auch bewegten Tumoren (z.B. in einer atmenden Lunge) so folgen können, dass nur der Tumor und wenig umgebendes Gewebe bestrahlt wird.
Radiochirurgie dürfte für einige Patienten eine Alterative zur herkömmlichen Chirurgie bieten.
Nicht vergessen werden sollte, dass die Multimorbidität der alternden Bevölkerung neue Therapiealgorithmen und –optionen notwendig macht und auch neue Anforderungen an die Hersteller von Medizintechnik stellen wird. So sollte es schon heute Standard sein, dass die Hersteller von Herzschrittmachern auch deren Sicherheit im Rahmen einer Strahlentherapie untersuchen. Durch den demographischen Wandel werden weitere Herausforderungen auf die Therapeuten und Hersteller zukommen. Dafür gilt es frühzeitig gerüstet zu sein.
Am Sonntag, den 12. Mai, sind Patienten und interessierte Laien zu der Veranstaltung mit dem Titel „Strahlen für das Leben“ herzliche eingeladen.
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