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Vom 11. bis zum 13. Dezember 2014 fand der Kongress Bluthochdruck und Prävention der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL®in Berlin statt. In diesem Jahr lautete das Motto „Bluthochdruck ganzheitlich behandeln- Folgeerkrankungen vorbeugen“, denn Bluthochdruck lässt sich nur mit einem ganzheitlichen, fachübergreifenden und auch Funktionen übergreifenden Behandlungs- oder Präventionskonzept wirklich in den Griff bekommen. Erfolgreiche Behandlungskonzepte sind und bleiben Teamwork zwischen verschiedenen Facharztgruppen, aber auch verschiedenen Berufsgruppen wie z.B. Gesundheitspfleger/innen, Physiotherapeuten, Heilpraktikern, Ernährungsberatern.

Auf dem 38. Wissenschaftlichen Kongress „Hypertonie und Prävention“ (weitere Infos unter www.hypertonie2014.de) konnte einmal mehr gezeigt werden, wie weit diese Schnittstellen über Fachgrenzen und Funktionen hinausgehen. Schon lange bekannt ist, dass Menschen mit Parodontitis häufiger, als Patienten mit gesunden Zähnen, an Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck leiden und häufiger einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden. Zwar konnte bis heute der genaue Zusammenhang nicht abschließend geklärt werden, aber es gibt einige Annahmen. „Sehr wahrscheinlich sind ..dieselben Bakterien, die die Parodontitis auslösen, auch die Ursache für den erhöhten Blutdruck und die vermehrten Herzinfarkte sowie Schlaganfälle..“ erläuterte Dr. med. Johannes Baulmann aus der Uniklinik Lübeck auf der Pressekonferenz.

Bei der Prodontitis entzünden sich Zahnfleisch und tiefere Gewebsschichten um den Zahn herum, der Zahnhalteapparat wird geschädigt, die entzündungsverursachenden Bakterien geraten in den Blutkreislauf. Ohne Behandlung lockern sich die Zähne und fallen beim weiteren Fortschreiten der Erkrankung aus. Verhindert oder aufgeschoben werden kann dieser Prozess nur durch eine Parodontose- Behandlung, bei der die Bakterien bekämpft und die entstandenen Zahnfleischtaschen beseitigt werden. Nachfolgend kann der Behandlungserfolg nur aufrecht erhalten werden, wenn die Mundhygiene entsprechend optimiert wird.

Die Ergebnisse einer aktuellen Studie zum Zusammenhang von Parodontose und Blutdruck wurden auf dem Kongress vorgestellt. In der Studie wurden 100 Patienten mit Parodontitis untersucht. Nach 12 Monaten konnten die Forscher tatsächlich feststellen, dass die Gefäße der Patienten, bei denen die Parodontitis erfolgreich bekämpft worden war, elastischer wurden und – was besonders eindrucksvoll war- dass der zentrale Blutdruck dieser Patienten gesunken war. Somit gibt diese Studie einen ersten Hinweis darauf, dass mit der Parodontitis-Behandlung Herz-Kreislauf-Erkrankungen und mögliche Folgen reduziert werden können.

Dies zeigt einmal mehr, das keine Krankheit für sich allein stehend behandelbar ist, sondern immer ein holistisches Behandlungskonzept wichtig ist. Die Bedeutung des Zahnarztes im Behandlungsteam ist dabei nicht zu unterschätzen. Oftmals ist er der Lotse, der Patienten an seine Kollegen z.B. den Kardiologen, Dermatologen, Hämatologen/Onkologen, Immunologen weiterleitet. Entzündungen des Zahnfleisches und Zahnbettes können Infektionen der Atemwege begünstigen und es werden auch Zusammenhänge zwischen diesen Erkrankungen und Komplikationen während der Schwangerschaft vermutet. Erkrankungen des Blutsystems sog. hämatologische Erkrankungen, die sich u.a. in einer mangelnden oder übermäßigen Durchblutung und Blutungsneigung des Zahnfleisches bzw. der Mundschleimhaut zeigen, werden nicht selten erst beim Zahnarztbesuch entdeckt. Gleiches gilt für Tumoren der Mundschleimhaut.

Rauchen und Alkohol schaden der Zahngesundheit und tragen zur Entwicklung von Parodontose (Zahnbettentzündung) und Gingivitis (Zahnfleischentzündung) bei, insbes. Rauchen wirkt sich auch negativ auf das Herz-Kreislaufsystem aus. Es gibt also viele Schnittstellen in der Prävention und Behandlung von Hypertonie, zwischen Zahnarzt und Kardiologen.

Wenn nun aber insbesondere auf dem diesjährigen Kongress der Zusammenhang zwischen Parodontitis und Blut(hoch)druck im Fokus stand: „Vorbeugen ist besser als Heilen“. Zahngesundheit muss nicht teuer sein. Nach einer Publikation der Bundeszahnärztekammer, kostet eine Prophylaxe zu Hause im Jahr ca. 110,– Euro – das sind ca. 0,30 € am Tag. Mit einer professionellen Zahnreinigung im Jahr würde man bei ca. 0,60 € am Tag liegen. Und gesunde Zähne sind günstiger als Zahnersatz, denn der kostet ca. 500,–€ pro Zahn trotz gepflegten Bonusheftes oder für ein Implantat mit Krone ca. 2000,–€. Und natürlich auch besser als eine lebenslange Hypertonietherapie.

Was kann also jeder Einzelne tun um keine Parodontose zu bekommen? Aller Laster Anfang ist oft eine mangelnde Mundhygiene – hier kann jeder einzelne bei sich ansetzen und mit Zahnbürste und Zahnseide den Bakterien und Essensresten mindestens zweimal täglich zu Leibe rücken. Nicht immer ist es dabei ratsam sofort nach dem Essen zu reinigen – denn nach dem Genuss stark säurehaltiger Nahrungsmittel, z.B. Obstsäften, könnten wir uns damit eher schaden als nutzen.. Mindestens einmal, besser aber zweimal im Jahr sollte der Zahnarzt zur Prävention aufgesucht werden. Und selbstverständlich sollten Sie den Zahnarzt aufsuchen, wenn Sie unter Zahnfleischbluten, Zahnschmerzen, Mundgeruch oder wackelnden Zähnen leiden. Wird eine Parodontose diagnostiziert, so kann diese wirksam zusammen mit dem Zahnarzt bekämpft und dauerhaft kontrolliert oder gar geheilt werden. Es ist also nie zu spät etwas für sich und die eigene Mundgesundheit zu tun.

Und was bedeutet das Studienergebnis im Umkehrschluss für die Kardiologen? Zahnärzte sollten zunehmend in die Entwicklung von Behandlungskonzepten für Patienten eingebunden werden und Ärzte sollten immer auch an die Zähne als Ursache von Allgemeinerkrankungen denken. Bei Kopf- und Gesichtsschmerz und anderen Krankheiten ruhig mal bei den Patienten nachhaken, wie es um die Zahngesundheit steht bzw. wie lange der letzte Zahnarztbesuch zurückliegt.