News from ESMO 2021

ESMO 2021 Highlights

Interdisziplinär, interprofessionell, international und zunehmend digitalisiert und individualisiert – so geht Krebsbehandlung heute. Die Entwicklung neuer Therapien erfolgt rasant und immer mehr Therapien stehen Patientinnen zur Verfügung, erlauben ein immer längeres Überleben mit Krebs. Unter dem Titel „Good Science, better Medicine, best Practice“, d.h. gute Forschung und Wissenschaft, bessere Medizin und beste therapeutische Praxis, diskutieren im September auf dem virtuellen Europäischen Krebskongress (ESMO Congress 2021) wieder die europäischen und internationalen Expertinnen über die neusten Entwicklungen in der Hämato-Onkologie und Onkologie.

Wie wird die Onkologie morgen aussehen? Welche neuen Ansätze in Diagnostik und Therapie werden unsere Therapieentscheidungen zukünftig verändern?

Welche Veränderungen hat es durch COVID-19 in der Onkologie gegeben?

Welchen Herausforderungen werden wir uns stellen müssen?

Diese und viele weitere Fragen wurden auf dem Kongress diskutiert.

Der virtuelle Kongress -gutes Klima

Segen und Fluch zugleich: Der virtuelle Kongress. Perfekt organisiert und bequem vom Sofa aus verfolgbar, senkt die ESMO (European Society of Medical Oncology) mit diesem Format die Schwelle für eine Kongressteilnahme deutlich, gerade für Teilnehmende aus Ländern oder Kliniken mit begrenztem Budget oder langen Anfahrtswegen.  

Sicher wird durch den virtuellen Kongress viel CO2 eingespart – und das passt ganz zu der einzigartigen Stellungnahme der Herausgeber von über 200 Fachzeitschriften für das Gesundheitswesen. Die Herausgeber warnen davor, dass der Klimawandel nicht ernst genommen wird und zu wenig gegen diesen unternommen wird- mit Folgen für Klima, Umwelt, Artenvielfalt und Gesundheit. Schon heute beobachtet man in Deutschland erhöhte Sterblichkeit in den Sommermonaten, die auf Hitzeperioden zurückgeführt wird. Klimawandel wirkt schon heute auf unsere Gesundheit und die Sterblichkeit. Atemwegserkrankungen (VOR Corona!) nehmen zu – und das liegt auch am Klima, wie das Umweltbundesamt berichtet[1]. Da setzen virtuelle Kongresse ein Zeichen – auch wenn bis heute noch niemand nachgerechnet hat, wie sich die vermehrte Server- und PC-Nutzung auf die CO2-Bilanz des Kongresses auswirken.

Was trotz aller technischer Finesse fehlt ist: Das informelle Kommunizieren, das Networken. Es fehlen die Diskussionen auf den Fluren und in den Cafés, beim Mittagessen oder auf der Suche nach den korrekten Räumlichkeiten. So manch ein Kontakt konnte da schon geknüpft, manche Frage mit dem Referenten geklärt werden. Jetzt bleibt leider nichts mehr dem Zufall überlassen.

Dennoch – oder gerade deswegen – nahmen wieder zahlreiche Experten und Expertinnen unterschiedlichster Fachrichtungen an dem größten europäischen Krebskongress teil. Und es gab viel Neues zu diskutieren. Über 2000 Abstracts sind eingereicht und bilden die Basis für das ehrgeizige wissenschaftliche Programm. In dem Titel des steckt viel drin. Von zahlreichen frühen Studien, neuen Methoden der Diagnostik und der Tumorcharakterisierung, über zielgerichtete Medikamente und immer bessere Vernetzung der Ärzte für eine optimale Patientenbetreuung, sowie die zahlreichen ESMO Leitlinien, die im Sinne von „best practice“ als Richtschnur für Diagnostik und Therapie in der onkologischen Praxis dienen sollen.

Was gibt es Neues?

Unter den rund 2000 Abstracts waren auch zahlreiche sog. “late-breaking abstracts”, d.h. Zusammenfassungen von wissenschaftlichen Arbeiten, die besondere Aufmerksamkeit erhielten, weil ihr Inhalt von besonderem wissenschaftlichem Interesse ist. Dazu gehörten unter anderem (Auswahl der ESMO):

  1. Neue Daten aus Phase III Studien zum Einsatz von Immuntherapien bei
    1. Melanom/ schwarzem Hautkrebs: Anwendung der Immuntherapie bei Patientinnen mit reseziertem hochrisiko Stadium II Melanom (LBA3_PR – KEYNOTE-716)
    1. Zervixkarzinom/ Gebärmutterhalskrebs: Einsatz von Immuntherapie beim metastasierten Zervixkarzinom (LBA2_PR – KEYNOTE-826)
    1. Brustkrebs: Ergebnisse der Phase III Studie zur Therapie mit Immuntherapie von HER2positivem metastasierten Brustkrebs (LBA1 – DESTINY-Breast03)
    1. Fortgeschrittenem Magen und Speiseröhrenadenokarzinom GEJC/ (LBA7 – CheckMate 649)
    1. Stage IB-IIIA NSCLC- IMPOWER-010 (LBA9): Lokalisierung von Rezidiven und nachfolgende Therapiealgorithmen – Atezolizumab vs. beste Supportivtherapie (BSC) nach adjuvanter Chemotherapie (CHT).
  2. Neue Ansätze für zielgerichtete Therapien („targeted therapies”) in frühen Phase I/II Studien
    1. Kolorektalkarzinomen/Darmkrebs mit KRASG12C-Mutationen (LBA6 – KRYSTAL-1)
  3. Studien zu verschiedenen Therapieansätzen beim Prostatakarzinom:
  • Studien zu seltenen Erkrankungen:
    • Behandlungsfortschritte in der Therapie des malignen, progressiven Phäochromozytoms (Tumor des Nebennierenmarks) und des Paraganlioms (Tumor des autonomen Nervensystems) (567O_PR – FIRSTMAPPP)
  •  Untersuchungen zum Einfluss der Pandemie auf Krebsvorsorge und -behandlung.
    • Ansprechen von Krebspatienten auf die SARS-CoV-2 Impfung (1557O – CAPTURE and LBA8)
    • Auswirkung einer durchgemachten COVID-19 Infektion auf Behandlungsalgorithmen und das Gesamtüberleben von Krebspatienten, die sich von der Infektion erholt hatten. (1560O_PR)

Die Ergebnisse möchte ich hier kurz skizzieren – Details finden sich in den Abstracts, die frei unter dem o.g. Link zugänglich sind.

Grundsätzliches zur Krebsbegleitung und Krebsnachsorge

Es befassten sich gleich mehrere Untersuchungen mit dem Wissen bei HausärztInnen und PatientInnen zu neuen Krebstherapien. Tatsächlich sind die Entwicklungen in der Onkologie so rasant, dass nicht nur die PatientInnen, sondern auch die HausärztInnen, die häufig die PatientInnen im Alltag begleiten, Schwierigkeiten haben, sich auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu halten.[2]

Durch immer besser Krebstherapien überleben immer mehr KrebspatientInnen immer länger. Das ist ein großes Glück. Gleichzeitig bedeutet dies auch, dass immer mehr Krebsüberlebende („Cancer Survivor“) nicht nur die Therapie überleben, sondern auch mit deren Folgen weiterleben. Sie kommen so in den „Genuss“ von Langzeitnebenwirkungen, die bisher nur wenig untersucht wurden. Diese Tatsache erfordert wiederum neue Studien und Ansätze in der Krebsnachsorge, um diese Langzeitnebenwirkungen in den Griff zu bekommen. Diese Langzeitnebenwirkungen wurde in der großen deutschen Studie „FIX“ bei 2.508 KrebspatientInnen genauer untersucht.

Eine besonders häufig beobachtete Langzeitnebenwirkung ist die Fatigue. Menschen mit Fatigue fühlen sich schwach, erschöpft, antriebslos und sind nur eingeschränkt zu körperlicher oder geistiger Arbeit und somit zur Erwerbstätigkeit fähig. Oft treten noch weitere unspezifische Symptome hinzu, wie z.B. Kopf-, Hals-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Konzentrations- und Gedächnisstörungen. Das beeinträchtigt die Lebensqualität stark und kann weitreichende Auswirkungen –auf das Sozialleben der Genesenen haben.[3],[4]  Trotz existierender Leitlinien u.a. der ESMO selbst[5], wird sich nur selten an diese beim Management der Langzeitnebenwirkungen gehalten. Das ist sehr bedauerlich und hier ist noch einiges an Kommunikation notwendig, damit eine leitlinienkonforme PatientInnennachsorge auch wirklich umgesetzt wird.

Was gab es Neues in der Immuntherapie von Krebs?

  1. Einsatz von Pembrolizumab zur adjuvanten Behandlung bei Patientinnen mit reseziertem hochrisiko Stadium II Melanom (LBA3_PR – KEYNOTE-716)[6]:
    • Da das Langzeitergebnis der Behandlung von Melanomen der Stadien III A/B vergleichbar mit dem der günstigeren Stadien II B/C ist, lag es nahe zu prüfen, ob auch bei PatientInnen mit Stadium II B/C eine adjuvante Behandlung mit Pembrolizumab wirksam das Überleben ohne Rückfall (Rezidivfreies Überleben) verlängern kann.
    • Tatsächlich konnte dies für die PatientInnen im Vergleich zu Placebo gezeigt werden. Nach einem Jahr hatten 90% der Pembrolizumab PatientInnen noch kein Rezidiv, während es im Vergleichsarm nur 83% waren. Daher wird von Luke postuliert, dass zukünftig diese Therapie Eingang in die therapeutische Praxis erhalten sollte. Derzeit fehlen noch Daten zum Gesamtüberleben. Die Lebenqualität blieb über den gesamten Therapieverlauf in beiden Armen vergleichbar und konstant. Das Nebenwirkungsprofil unter Pembrolizumab unterschied sich nicht von dem bereits dokumentierten.
  2. Zervixkarzinom/ Gebärmutterhalskrebs: Einsatz von Pembrolizumab beim metastasierten Zervixkarzinom (LBA2_PR – KEYNOTE-826)[7]
    • Die Aussichten auf Therapieerfolge sind bei Patientinnen mit fortgeschrittenem, persistierendem, rezidivierten bzw. metastasierten Zervixkarzinom eher schlecht. Lange betrug die Lebenserwartung weniger als 12 Monate. Weltweit ist das Zervixkarzinom bei Frauen zwischen 15 und 44 Jahren die zweithäufigste Krebserkrankung.
    • Anmerkung: Das ist nicht in allen Ländern so, denn in einigen Ländern kann durch Impfungen gegen das HPV Virus verhindert werden, dass einige Ausprägungen des Gebärmutterhalskrebses überhaupt auftreten. Dazu muss die Impfung allerdings möglichst frühzeitig und vor allem vor dem ersten Geschlechtsverkehr erfolgen.
    • In dieser Phase III Studie wurde überprüft, ob die Zugabe von Pembrolizumab zu einer Chemotherapie +/-Bevacizumab, das progressionsfreie und das Gesamtüberleben bei diesen Patientinnen erhöht.
    • Nach 24 Monaten waren noch mehr als 50% der Patientinnen am Leben, die Pembrolizumab + Chemotherapie +/- Bevacizumab erhalten hatten. Im Vergleichsarm waren dies nur um die 40 % der Patientinnen.
    • Der Referent, Gonzaléz Martin, sieht denn auch hier eine Veränderung der klinischen Praxis am Horizont, da diese Veränderung „klinisch bedeutsam“ sei. Die PDL1- Expression war für das Therapieergebnis dabei irrelevant.
  3. Brustkrebs: Ergebnisse der Phase III Studie zur Therapie mit Immuntherapie von HER2-positivem nicht resektablen und/oder metastasiertem Brustkrebs (LBA1 – DESTINY-Breast03)[8]
    • In dieser Studie wurde Trastuzumab Emtansin (T-DM1), ein gegen HER2 gerichtetes Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (d.h. eine Kombination aus dem Antikörper und einer Chemotherapie, die die Zellteilung hemmt) gegen ein weiteres Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) bestehend aus Trastuzumab Deruxtecan (T-DXd) getestet. Trastuzumab Deruxetan wurde erstmals in einer Phase III Studie bei Brustkrebspatientinnen untersucht.
    • Die Therapie mit einem der beiden ADC erfolgte bei Patientinnen mit nicht resektablem oder metastasiertem HER2-positiven Brustkrebs, die zuvor bereits mit Trastuzumab und einem Taxan in der fortgeschrittenen oder metastasierten Situation behandelt worden waren.
    • Auf dem ESMO 2021 wurden nun die Daten zum Überleben ohne Krankheitsfortschreiten (progressionsfreies Überleben =PFS) und zu den Ansprechraten vorgestellt. Patientinnen wurden bis zum Zeitpunkt der Datenauswertung im Mai 2021 median 14,3 Monate mit T-DXd bzw.  6,9 Monate mit T-TDM1 behandelt. Trotz der höheren behandlungsbedingten Nebenwirkungen (TEAE) jeden Grades unter der Therapie mit T-DXd (99%) im Vergleich zu T-DM1 (95,4%), konnte mit T-DXd deutlich länger behandelt werden.
    • Der primäre Studienendpunkt medianes PFS wurde im T-DXd-Arm noch nicht erreicht (Spannbreite: 18,5-noch nicht erreicht). Unter Therapie mit T-DM1 lag das mediane PFS bei 6,8 Monaten. D.h. die Patientinnen mit T-DXd haben ein deutlich längeres krankheitsfreies Intervall, als die mit T-DM1-Therapie.
    • Das sind beeindruckende Daten mit statistischer Signifikanz. Cortés sieht daher voraus, dass sich die Therapie des Her2-positiven metastasierten Brustkrebses wandeln wird unter Einbezug der neuen Substanz T-DXd.
  4. Fortgeschrittenem Adenokarzinoms des Magens, der Speiseröhre oder des Übergangs zwischen beiden GC/GEJC/EAC (LBA7 – CheckMate 649)[9],[10]: Vergleich von Nivolumab + Ipilimumab oder Nivolumab + Chemotherapie versus Chemotherapie allein
    • Gerade bei Magen- und Speiseröhrenkrebs ist die Prognose meist ungünstig. Vor allem, wenn der Tumor nicht operativ entfernt werden kann. Die Standardtherapie des Her2-negativen Magen- bzw. Speiseröhrenkarzinoms ist die Chemotherapie.
    • Die Therapie mit Nivolumab + Chemotherapie (N+CHT) könnte zukünftig in dieser Situation ein Therapieoption sein. N+CHT zeigte bei Patienten mit einer hohen PDL1-Positivität  ein um median 3,3 Monate signifikant verlängertes Gesamtüberleben (OS) im Vergleich zur alleinigen CHT. Die objektive Ansprechrate (ORR) lag mit N-CHT höher (60%) als mit CHT allein (45%). Die Wahrscheinlichkeit, dass der Tumor auf die Therapie anspricht ist also mit N-CHT höher. Zudem war das krankheitsfreie Überleben (PFS) mit N-CHT mit 7,7 Monaten, länger als das PFS mit CHT (6,0 Monate).
  5. Stadium IB-IIIA NSCLC (nicht-kleinzelliger Lungenkrebs)- IMPOWER-010 (LBA9)[11],[12]: Lokalisierung von Rezidiven und nachfolgende Therapiealgorithmen – Atezolizumab vs. beste Supportivtherapie (BSC) nach adjuvanter Chemotherapie (CHT).
    • Das Therapieziel bei Patienten mit Stadium IB-IIIA NSCLC ist Heilung. Sie werden operiert und erhalten eine adjuvante Chemotherapie.  Dennoch rezidivieren 60% der Patienten. Diese Rezidive gilt es durch eine wirksame Erweiterung der adjuvanten Chemotherapie zu verhindern.
    • Im Lancet wurde die Studie bereits parallel zum europäsichen Krebskongress im September 2021 publiziert. Das krankheitsfreie Überleben (DFS) stieg mit steigender PDL1- Positivität. Rezidive wurden bei 29% (73) der mit Atezolizumab behandelten Patienten und bei 45% (102) der mit BSC behandelten Patienten beobachtet. Im Anschluss an das Rezidiv erhielt noch mehr als jeder zweite Patient eine systemische Krebstherapie (70% der Atezolizumab-vorbehandelten Patienten versus 68% der BSC vorbehandelten Patienten.

Neue Ansätze für zielgerichtete Therapien („targeted therapies”) bei

  • Kolorektalkarzinomen/Darmkrebs mit KRASG12C-Mutationen, Phase I/II Studie (LBA6 – KRYSTAL-1)[13],
    • Mutationen des KRASG12C Gens treten bei 3%-4% aller Kolorektalkarzinome (CRC) auf. Bei diesen Mutation ist die Wirksamkeit von Cetuximab gering. Adagrasib ist ein sog. „tageted agent“, ein Wirkstoff, der gezielt das KRASG12C inhibiert.
    • Adagrasib wurde bei Patienten mit einer KRASG12C Mutation nach median 3 Vortherapien eingesetzt – u.a. auch bei Patienten mit CRC. Bei diesen intensiv vorbehandelten Patienten konnte ein Ansprechen von 22% dokumentiert werden. Eine Krankheitskontrolle konnte sogar bei 87% der Patienten erreicht werden (d.h. keine Verschlechterung der Erkrankung). Diese Phase I/II Studie hat noch keine Therapieveränderung zur Folge. Anfang 2021 startete eine Phase III Studie in der 2-Linie des CRC (also nach nur einer Vortherapie) um die Effektivität von Adagrasib in früheren Therapielinien nachzuweisen (KRYSTAL-10).

Das Prostatakarzinom – Kombinationen als Schlüssel zum Therapieerfolg

Zunächst einmal vorweg: Die neuen S3 Leitlinien zur Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms sind im Mai 2021 erschienen und im Netz verfügbar bei der AWMF.[14] Darin wird auch auf die STAMPEDE Studie eingegangen, die auf dem ESMO mit weiteren Daten aufwartete.

  • Vergleich der Effektivität zweier Therapieansätze für Patienten mit einem nicht metastasierten hormonsensitivem Hochrisiko-Prostatakarzinom (LBA4_PR – STAMPEDE)[15]
    • In dieser Studie geht es um die Therapie von Patienten mit Hochrisiko lokal fortgeschrittenen, hormonsensitiven Prostatakarzinomen. Zahlreiche Publikationen beschäftigen sich seit Beginn der Studie mit den Ergebnissen zu den verschiedenen Armen der Studie. Es konnte schon 2020 gezeigt werden, dass das Gesamtüberleben (OS) bei diesen Patienten durch Kombinationstherapien verbessert werden konnten.
    •  In diesem Jahr wurden Langzeitdaten zur Kombination aus ADT (Androgenentzugstherapie) plus Abiraterone+Prednison (AAP) +/- Enzalutamid (ENZ) präsentiert.  
    • Es konnte gezeigt werden, dass Kombinationstherapien, insbesondere die Gabe der Kombination AAP für 2 Jahre auch nach 6 Jahren noch das Metastasen freie Überleben (MFS) und das Gesamtüberleben verbesserte. Die Hinzunahme von ENZ zu AAP brachte allerdings keinen zusätzlichen Benefit. Nach Auffassung des Referenten, Gerard Attard, sollte die Gabe von AAP über 2 Jahre  zum neuen Therapiestandard für diese Patienten werden. Eine Kombination von AAP mit ENZ sei obsolet.
  • Zum Gesamtüberleben von neu diagnostizierten Patienten mit einem hormonsensitiven metastasierten Prostatakarzinom (LBA5_PR – PEACE-1)[16]
    • In dieser Studie wurden Patienten mit einem neu diagnostizierten (de novo) metastasierten, hormonsensitiven Prostatakarzinom (mCSPC) behandelt. Verglichen wurde der Therapiestandard Docetaxel + ADT mit Kombinationen ADT+ Docetaxel +/- Abirateron +/- Radiotherapie.
    • Es konnte gezeigt werden, dass die Dreierkombination aus Docetaxel + ADT+ Abirateron sowohl das rPFS (radiologische progressionfreie Überleben), als auch das Gesamtüberleben (OS) bei mCSPC verbesserte. Etwa 84% der kastrationsresistenten Patienten im Kontrollarm erhielten noch einen Androgensignalweginhibitor (ASI).

Perspektiven für seltene Erkrankungen

  • Behandlungsfortschritte in der Therapie des malignen, progressiven Phäochromozytoms (Tumor des Nebennierenmarks) und des Paraganlioms (Tumor des autonomen Nervensystems) (567O_PR – FIRSTMAPPP)[17]
    • 8 Jahre hat es gedauert – die Rekturierung in diese Studie – es ist eben eine echte Herausforderung für seltene Erkrankungen Studien durchzuführen.
    • Jetzt ist es jedoch geschafft – und Behandlungsfortschritte in der Therapie des malignen, progressiven Phäochromozytoms (Tumor des Nebennierenmarks) und des Paraganlioms (Tumor des autonomen Nervensystems) konnten erzielt werden – mit Sunitinib in der Erstlinienbehandlung dieser Tumoren.
    • Der primäre Endpunkt, das progressionsfreie Überleben (PFS), lag mit Sunitinib bei median 8,9 Monaten, während es mit Placebo bei lediglich 3,6 Monaten lag. Nach 12 Monaten waren im Sunitinib Arm noch 35,9% am Leben, im Placebo-Arm waren es nur 18,9% der Patienten. Endlich eine neue Therapieoption für diese Tumoren.

Auswirkung der Pandemie auf Erkrankte und Behandelnde

Die guten Nachrichten sind:

  1. Krebspatienten profitieren von einer Impfung gegen SARS-Cov2. Das wurde auf dem ESMO mehrfach berichtet und diskutiert, sowie in einigen Studien nachgewiesen.[18],[19]
  2. Trotz der Herausforderungen durch die COVID-19 Kontaktbeschränkungen, Erhöhung der Hygieneanforderungen etc., erhielten die meisten Patienten ihre Therapie wie geplant.[20]Das ist der hohen Einsatzbereitschaft von der ApothekerIn, über die Pflegenden bis zum OnkologInnen zu verdanken.

Doch auch wenn theoretisch alle möglich gewesen wäre – die Patienten zögerten.

  1. CT-Bildgebung wurde jedoch während der Pandemie seltener wahrgenommen und die Bildgebung wurde in der Pandemie weniger in den Unikliniken und mehr in kleineren Häusern oder Praxen durchgeführt.[21]
  2. Die Teilnahme an Screening-Untersuchungen nahm u.a. bei Brustkrebs[22] und Darmkrebs[23] ab. Dadurch kam es zu weniger und zudem späteren Diagnosen dieser Erkrankungen und die diagnostizierten Krebse befanden sich in einem fortgeschrittenen Stadium.

Empfehlungen zum Umgang mit Krebspatienten in Pandemiezeiten sind Empfehlungen der ESMO online verfügbar.[24]

Nicht nur PatientInnen, auch Ärzte und Ärztinnen, litten unter den Veränderungen durch die Pandemie, wie Studien untersuchten.[25] Doch während die Psyche der PatientInnen und ihrer Therapien Gegenstand zahlreicher Studien war, war die Zahl der Studien zum Wohlergehen des onkologischen Personals, der Behandelnden und Pflegenden also, überschaubar. In kleinen Untersuchungen wurden einige Aspekte unter die Lupe genommen. Die Angst vor einem post-Corona Burnout ist eine der Hauptsorgen der MedizinerInnen. Etwa 87% der BehandlerInnen befürchten eine Zunahme der Arbeitsbelastung auch nach CORONA. Die Zahl der Burnouts unter Onkologen nimmt zu, genauso wie deren Sorge um ihre Angehörigen. Freizeitausgleich geht „verloren“. Um die 92% mussten ihr Hobby während der Pandemie aufgeben.[26] Hier muss Abhilfe geschaffen werden.

Soweit der ESMO in der Kürze. Viele Informationen sind online verfügbar und können vertiefend nachgelesen werden.


[1] Einfluss des Klimawandels auf die Morbidität und Mortalität von Atemwegserkrankungen | Umweltbundesamt

[2] Abstract 1510MO_PR präs. von Paraskevas Kosmidis Annals of Oncology, Volume 32, 2021 Supplement 5; Abstract 1723P_PR e-Poster Annals of Oncology, Volume 32, 2021 Supplement 5

[3] Abstract 1669O_PR ‘Late effects, long-term problems and unmet needs of cancer survivors‘ presented by Martina Schmidt. Annals of Oncology, Volume 32, 2021 Supplement 5

[4]Schmidt et al: Schmidt, M.E., Bergbold, S., Hermann, S. et al. Knowledge, perceptions, and management of cancer-related fatigue: the patients’ perspective. Support Care Cancer 29, 2063–2071 (2021). https://doi.org/10.1007/s00520-020-05686-5  

[5] Cancer-related fatigue: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis and treatment† – Annals of Oncology; https://doi.org/10.1016/j.annonc.2020.02.016

[6] Luke JJ, Ascierto PA, Carlino MS, Gershenwald JE, Grob JJ, Hauschild A, Kirkwood JM, Long GV, Mohr P, Robert C, Ross M, Scolyer RA, Yoon CH, Poklepovic A, Rutkowski P, Anderson JR, Ahsan S, Ibrahim N, M Eggermont AM. KEYNOTE-716: Phase III study of adjuvant pembrolizumab versus placebo in resected high-risk stage II melanoma. Future Oncol. 2020 Jan;16(3):4429-4438. doi: 10.2217/fon-2019-0666. Epub 2019 Dec 24. PMID: 31870188. & ESMO LBA3 _PR presented by Jason J. Luke during Presidential Symposium, Annals of Oncology, Volume 32, 2021 Supplement 5

[7] LBA2_PR KEYNOTE 826 -präsentiert on Nicoletta Colombo während Presidential Symposium 1. Annals of Oncology, Volume 32, 2021 Supplement 5

[8] LBA1- DESTINY-03 Trial– präs. Von J. Cortés. Ann. Oncol., Volume 32, 2021, Supplement 5

[9] LBA7 CHECKMATE 649 Studie präs. von Janjigian: Ann. Oncol., Volume 32, 2021, Supplement 5

[10] Janjigian YY et al. Lancet. 2021 Jul 3;398(10294):27-40. doi: 10.1016/S0140-6736(21)00797-2. Epub 2021 Jun 5. PMID: 34102137; PMCID: PMC8436782.

[11] Felip E, et al, IMpower010, Lancet. 2021 Sep 17:S0140-6736(21)02098-5. doi: 10.1016/S0140-6736(21)02098-5. Epub ahead of print. Erratum in: Lancet. 2021 Sep 23;: PMID: 34555333.

[12] LBA9 Impower 010, Ann. Onco.(2021) 32 (suppl.5): S1283-S1346.

[13]LBA6 KRYSTAL– Weiss J et al, Annals of Oncology (2021) 32 (suppl_5): S1283-S1346. 10.1016/annonc/annonc741

[14] S3 Leitlinien Version 6.0 vom Mai 2021

[15] LBA4- STAMPEDE Studie präs. von Attard, Ann. Oncol., 2021, Vol.32, suppl.5: S1283 – S1346.

[16] LBA5_PR- PEACE-1 präs. von Fizazi, Ann. Oncol., 2021, Vol. 32, suppl.5: S1283 – S1346.

[17] 5670_PR präsentiert von Baudin, Ann. Oncol., 2021, Vol. 32, suppl.5: S1283- S1346.

[18] 1562MO -präsentiert von Wu, Ann. Oncol., 2021, Vol. 32, suppl.5: S1283- S1346.

[19] LBA8, 15570, 15580, 16690 und andere.

[20] CN43- präsentiert von O’Dwyver, Ann. Oncol., 2021, Vol.32, suppl.5: S1273-S1274.

[21] 1607P- Poster

[22] 1628P- Poster von Vilaca et al. Und andere : 1609P, 1618P…

[23] 390MO- präs. Von Tehfe., Ann. Oncol.2021, Vol.32, suppl.5: S530-S582. Und andere (1616P..)

[24] Cancer Patient Management During the COVID-19 Pandemic | ESMO

[25] Impact of COVID-19 (SARS-CoV-2, C19) on medical oncologists (MOs) and cancer care: A Canadian Association of Medical Oncologists (CAMO) survey study | OncologyPRO (esmo.org), Ann. Oncol., 2021, Vol.32, suppl.5: S1129- S1163.

[26] 1605P- präs. von Tanriverdi,Ann. Oncol., 2021, Vol. 32, suppl.5: S1129 -S1163.